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Intrige Schäfer-Bericht: Mai 2006

Von Anfang 1993 bis Ende 2004 war ich für das Magazin FOCUS tätig. In dieser Zeit hatte ich immer wieder mit dem Bundesnachrichtendienst zu tun, allerdings nie mehr in der Art der „Dali-Periode". Es gab Berührungspunkte verschiedenster Art. Beginnen wir bei den Harmlosen. Selbstverständlich hielt ich den Kontakt mit meinen früheren Kollegen. Wenn man beinahe elf Jahre im selben Boot schippert, dann bleibt in der Regel mehr als nur eine romantische Erinnerung. Es gab auch ehemalige – und noch aktive - Kollegen, die mich gelegentlich konsultierten und um einen praktischen Tipp baten.
Bei einigen wenigen Gelegenheiten, vor allem in den Jahren 1995/97, half ich aus Notlagen. Der meistgesuchte deutsche Terrorist Johannes Weinrich, zuletzt wohnhaft in Damaskus, war abgetaucht. Nach der Festnahme seines ehemaligen Chefs Carlos bestand die Gefahr, dass er wieder aktiv werden und versuchen könnte, den Venezolaner durch eine Terroraktion freizupressen. Ich hatte mich stets intensiv um Carlos und Weinrich gekümmert. Also wurde ich dringlich gebeten, eine Spur zu überprüfen. Dann kam es auch vor, dass ehemalige Quellen nach meinem Ausscheiden die Lust am Spionieren verloren. Ich musste ihnen im Falle eines Falles gut zureden.
Zur selben Zeit arbeitete ich an einem Buch, in dem der Auslandsnachrichtendienst die Haupt-Rolle spielte: „Staatsaffäre". Es sollte 1997 erscheinen, die Affäre der deutschen Geiseln im Libanon schildern, und dabei die Rolle des BND kritisch hinterfragen. In der Recherche-Phase benötigte ich noch zahlreiche Dokumente, die es nur beim BND in Pullach gab. Damit wollte ich das andere Ende der Bemühungen um die Verschleppten dokumentieren, sozusagen die Heimatfront. Auch dafür musste ich enge Beziehungen zum BND unterhalten.
Nun kommt der heikle Bereich. Mitte der 90er Jahre bat der neue Sicherheitschef des BND, Volker Foertsch, er hatte ab 1989 die Beschaffung geleitet, ehemalige Kollegen um die Vermittlung eines Kontakts zu mir. Nun trafen wir uns immer wieder zum Mittagessen, fast ausnahmslos im Restaurant „Seehaus" im Englischen Garten. Zwischen Foertsch, der beim BND als „Graue Eminenz" galt, und mir entwickelte sich eine positive, gemeinsame Wellenlänge. Wir plauderten über Aktuelles und Vergangenes, Hausinternes und Fremdländisches.
Zunehmend interessierte er sich für Medien im weitesten Sinne. Da war ich nicht sehr firm, weil ich mich stets vom „Flurfunk" ferngehalten und die meisten Entwicklungen in meinem Job immer als einer der Letzten erfahren hatte. Trotzdem antwortete ich ihm, so gut ich konnte. Wenn er eines der Branchenorgane, den „Journalisten" beispielsweise, gelesen hätte, dann wäre er besser beraten gewesen. Dass der Abteilungsleiter des BND anschließend unsere Gespräche auswertete, Meldungen schrieb und in hausinternen Umlauf brachte, das teilte er mir seinerzeit nicht mit. Dass er mir in diesem Zusammenhang den Decknamen „Schweiger" verpasste, auch das blieb sein Geheimnis. Um dies alles zu erfahren, bedurfte es im Mai 2006 des „Schäfer-Berichts".
Noch ein wichtiger Aspekt der Foertsch-Gespräche: Ich sah keinen Anlass, diese Treffen während der Mittagsstunden in der Redaktion FOCUS zu verheimlichen. In jenen Jahren arbeitete ich eng mit dem Kollegen Josef Hufelschulte zusammern. Auch er traf sich häufig und beinahe regelmäßig mit Volker Foertsch. Wir witzelten gerne, wer den berühmten „Schlapphut" (im Hufelschulte-Jargon: „Schlappi") wohl als Nächster sehen würde. Um den Namen Foertsch zu vermeiden, nannten wir ihn einfach „Seehaus". Es war Branchenwissen, dass der Oldtimer Foertsch zeitweise den Arbeitsnamen „Fleming" benutzt hatte. Nun war er auch noch „Seehaus". Das wusste er wiederum nicht. Eine dunkle, kuriose Welt.
Stichwort FOCUS: Ich war Ende 1992 vom stellvertretenden Chefredakteur des damals gerade konzipierten Blattes zum Vorstellungsgespräch gebeten worden. Uli Baur befragte mich nach meinen Kontakten zu den deutschen Sicherheitsbehörden, auch zum BND. Er wollte natürlich nicht wissen, ob ich jemals für den BND gearbeitet hatte. Er wollte wissen, wie gut meine journalistischen Kontakte zu den Diensten und Polizeien waren. Ich sagte, ziemlich gut. Darauf erwiderte er: „Sie sind unser Mann!" Ich war als fester Freier eingestellt. Das bedeutete, dass ich mich hauptberuflich um den BND zu kümmern hatte.
Der Kontakt zu Foertsch, und damit weitestgehend zum BND, endete 1998. In seiner 1999 selbstgeschriebenen Vita schrieb er über jene Zeit: „Im April 1998 wurde versucht, mich mit gefälschten Unterlagen zu diskreditieren. Der Versuch misslang und wurde zu einer politischen Affäre. Die Auflösung der von mir geleiteten Abteilung, die meine Versetzung erzwingen sollte, veranlasste mich zu gehen. Dezember 1998 Eintritt in den Ruhestand." Kurz zuvor hatte mich Volker Foertsch ein letztes Mal gefragt, ob ich zum BND zurückkehren wollte. Ich hatte ein letztes Mal verneint.
Die Pensionierung von Volker Foertsch steht im direkten Zusammenhang mit Norbert Juretzko. Der ehemalige Bundeswehroffizier aus Wietze bei Celle hatte dem BND ab 1984 angehört. Nacheinander arbeitete er beim deutschen Ableger des Nato-Geheimdienstes Gladio, beobachtete für den BND den Abzug der Sowjet-Truppen aus der Ex-DDR und gewann schließlich wichtige Quellen bei den Fremden Heeren Ost im ehemaligen Moskauer Herrschaftsbereich. Er beschaffte große Mengen an geheimen Unterlagen; schließlich auch ein Dokument in russischer Sprache, aus dem hervorging, dass ganz oben im BND ein Doppelagent saß. Die Details ließen nur eine Schlussfolgerung zu – es musste sich um Volker Foertsch handeln. Sofort wurde der mächtige Abteilungsleiter hausintern überwacht. Amtsleitung und Bundeskanzleramt begegneten ihm mit Misstrauen. Die Bundesanwaltschaft ermittelte, wenn auch nur kurz. Foertsch bezeichnete es als „Diskreditierung".
In der Folge musste Foertsch gehen. Auch Juretzko überlebte die von ihm losgetretene Lawine nicht im Amt. Am 1. Januar 2000 wechselte er aus gesundheitlichen Gründen in den vorläufigen Ruhestand. Seine Gegner ließen nicht locker. Sie schafften es, ihn vor Gericht zu stellen. Die Anklage präsentierte ihn als geldgierigen Betrüger. In dem nichtöffentlichen Verfahren wurde Juretzko im Januar 2003 zu einer Bewährungsstrafe von elf Monaten verurteilt. Am selben Tag trafen Josef Hufelschulte und ich mit Juretzko im Münchner Hotel „Bayerischer Hof" zusammen. Der ehemalige BND-Verbindungsführer hatte inzwischen beschlossen, seine Lebensgeschichte aufzuschreiben. Er bat mich um Unterstützung.
Wir kamen uns näher. Wochen später, bei einer erneuten Besprechung mit meinem Literaturagenten und einem Lektor des Ullstein-Verlags, fiel die Entscheidung, das Buch gemeinsam zu verfassen. Das Projekt bekam den Arbeitstitel „Haus 109". Im August 2003 war der Vertrag unterschriftsreif. Bereits im Mai 2004 überreichten wir das gemeinsame Manuskript. Da Hausdurchsuchung und Beschlagnahme drohten, erschien das Werk vorzeitig. „Bedingt dienstbereit" kletterte rasch auf Platz zwei der Bestsellerliste. Zur Abrundung legten wir 2006 einen zweiten Band vor: „Im Visier".
Dass ich mich mittlerweile im Visier des BND befand, war mir damals noch nicht so klar. Das Ermittlungsreferat 80B setzte den Leipziger Journalisten und Herausgeber eines Newsletters, der sich vorwiegend mit Osteuropa und Sicherheitsfragen beschäftigt auf mich an. Uwe Müller arbeitete damals unter dem Decknamen „Sommer" für die Sicherheitsabteilung 8 des BND. Er besuchte mich mehrmals unter professionellem Vorwand und rief häufig an, um mich im Auftrag des BND auszufragen. Müller interessierte sich ganz auffällig für das Juretzko-Buch, bot mir schließlich sogar 5000 Euro an, um „einmal reinschauen" zu dürfen. Ich war längst durch Eingeweihte vor ihm gewarnt worden und spielte amüsiert mit.
Müller berichtete später von abenteuerlichen Aktionen des BND-Observationskommandos QB 30. Bei einem seiner Besuche in meinem Haus begleiteten ihn drei Hauptamtliche, die sich dann im Garten versteckten und uns durch das Fenster beobachteten. So war es anschaulich im Magazin „Stern" zu lesen. Müller erzählte mir, QB 30 habe mich in Berlin, auf dem Weg vom Verlag zum Hotel, tätlich angreifen und mir das in meinen Händen vermutete Buchmanuskript entreißen wollen. Er selbst habe mich zuvor anrufen müssen, um meine Zeitplanung in Erfahrung zu bringen. Allem Anschein nach wurde die gewagte Operation in letzter Sekunde aus der BND-Zentrale gestoppt.
Der Zorn des BND kannte keine Grenzen, und deshalb verstießen seine Oberen gegen das in Stein gehauene Grundgesetz aller Nachrichtendienste. Im Herbst 2005 informierten sie ausgewählte Journalisten-Kollegen über meine frühere Tätigkeit für den Dienst. Nicht genug, sie plauderten auch meine Personalnummer (068533) und die Höhe meiner Bezüge aus. Erstmals tauchten diese Informationen bei der FOCUS-Redaktionskonferenz auf, unmittelbar nach dem Berliner FOCUS-Fest, an dem der damalige BND-Präsident August Hanning teilgenommen hatte. Öffentlich thematisiert wurden sie von der Mediensendung „Zapp" des Norddeutschen Rundfunks: „Wilhelm Dietl...soll... - so die übereinstimmende Aussage von mehreren Informanten gegenüber Zapp – über viele Jahre dem BND sein Wissen offenbart haben." Die Sendung lief am 16. November 2005. Am Montag darauf griffen FOCUS und der „Spiegel" das Thema auf, der eine mit Hetze und Häme, der andere relativ objektiv. Siehe dazu die entsprechenden Abschnitte der Webseite.
Nach viel Geraune und noch mehr giftigen Gerüchten beschloss das Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) des Deutschen Bundestages Ende 2005 den früheren Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Gerhard Schäfer als Sonderermittler einzusetzen. Der mit dieser Aufgabe völlig überforderte Schäfer ließ sich Anfang 2006 vom BND Akten zusammenstellen und bastelte daraus – zusammen mit zwei Mitarbeitern des Bundestages - einen Bericht, der am Ende 175 Seiten umfassen sollte. In dieser Zeit bat ich mehrfach um ein Gespräch mit dem BND-Präsidenten Ernst Uhrlau. Ich wollte ihn auf die Gefahren hinweisen, die mit meiner Enttarnung verbunden waren. Uhrlau sah keine Notwendigkeit für ein Treffen. Das war absolut fahrlässig.
Anfang Mai 2006 sickerten erste Mosaikstücke aus dem „Schäfer-Bericht", der noch wochenlang umgeschrieben werden sollte, an die Medien-Öffentlichkeit. Die bis dahin als seriös bekannte „Süddeutsche Zeitung" („BND duldete Spitzeleinsatz eines Journalisten") stellte einen Wilhelm D. an den Pranger. Mit Hinweis auf die SZ berichtete die „Tagesschau": „Ein ehemaliger FOCUS-Journalist, heute Buchautor, erhielt.... von 1982 bis 1998 mehr als 600 000 Mark." Die Treibjagd hatte begonnen.
Die SZ kürzte meinen Namen noch einmal ab, um dann – zehn Tage vor Erscheinen des „Schäfer-Berichts" – richtig hinzulangen. Zitat: „Exemplarisch ist das bei Wilhelm Dietl, einem Nahost-Experten, der jahrelang für den BND arbeitete und am Ende vom BND bespitzelt wurde. Zuerst berichtete der Zwei-Zentner-Mann aus der Oberpfalz nur, was er von seinen Recherchen im Nahen Osten erfuhr, dann erzählte er auch über Kollegen. Und am Ende wurde er nur noch dafür eingesetzt, über Journalisten zu berichten." Die bei anderen Themen gut informierte Redakteurin vom „Kölner Stadt-Anzeiger" setzte noch eins drauf und forderte gegen mich „Schuldsprüche, gegen die es weder Berufung noch Revision gibt": „die Verachtung der Kollegen und Kolleginnen, die ihm vertraut und mit ihm Informationen ausgetauscht haben".
Nun war dem mutwilligen Rufmord Tür und Tor geöffnet. Die sonst penibel auf ihre Sensibilität und Objektivität achtende Tagespresse prügelte blindwütig auf den vermeintlichen Täter ein. Dabei merkte sie nicht, wie sehr sie das Rachebedürfnis des BND beförderte. Ein Beispiel für die Suche nach immer neuen, frei erfundenen Extremen lieferte der „Stern", mit dem mich eigentlich ein freundschaftliches Verhältnis verband. Zitat: „Insgesamt soll Wilhelm D. 652 738,91 Mark Spitzelhonorar kassiert haben. Dafür habe er mehrere hundert Berichte über Journalisten abgeliefert." Was für ein Unsinn. Die Schlussredaktion des Heftes muss sich auf Betriebsausflug befunden haben. Die Sorglosigkeit der Hamburger Illustrierten-Macher erstaunte mich, während ich von FOCUS und „Spiegel" nichts anderes erwartet hatte. Dazu mehr Details im Abschnitt „Recht und Unrecht".
Schon nach wenigen Tagen war klar, dass der Bundesnachrichtendienst und mit ihm verbündete Medien meine berufliche Existenz vernichten wollten. Das war keine Verschwörungstheorie, sondern eine klar erkennbare Strategie.
Am 26. Mai 2006 wurde endlich der „Schäfer-Bericht" in seiner kindlich anonymisierten Fassung für die Öffentlichkeit freigegeben. Ich bekam die Rolle des „Journalisten V", ausgewiesen als Ko-Autor des Buches „Bedingt dienstbereit" und alleiniger Autor von „Staatsaffäre". Eine ziemlich komplizierte Denksportaufgabe, dieses Pseudonym zu lüften......
In der Folge bewiesen die zahlreichen Edelfedern bei der Auseinandersetzung mit dem „Schäfer-Bericht", dass sie entweder des Lesens nicht mächtig waren, oder die Zusammenhänge einfach nicht begriffen. Das sind die einzigen Schlüsse, die aus ihren Artikeln gezogen werden können.

Dazu einige Beispiele in knapper Form:

- Der „Schäfer-Bericht" zitiert den früheren BND-Präsidenten Hansjörg Geiger in folgender Weise: „Wegen der Kenntnis des Journalist Vs um den BND wäre ein sofortiges Abschalten des Journalist Vs für den BND gefährlich geworden. Deshalb habe ich gestattet, dass Abt. 5 den Kontakt zu Journalist V weiter hält. Ein Auftrag zur Bespitzelung von Journalisten war damit nicht verbunden und lässt sich aus der oben erwähnten Verfügung nicht entnehmen." Das wurde von den Medien mit Vorliebe ignoriert.
- Im „Schäfer-Bericht" heißt es: „Dass ein Journalist veranlasst worden wäre, in das Geheimnis der eigenen Redaktion einzudringen und darüber zu berichten, ist nicht ersichtlich. Die Informationen bezogen sich stets auf andere Journalisten und andere Medienorgane." Wie kommt also der FOCUS-Chefredakteur zu der abstrusen Behauptung, ich sei auf seine Redaktion angesetzt gewesen?
- Der „Schäfer-Bericht" stellt fest, dass ich vom BND für meine beinahe elf Jahre dauernde Auslandstätigkeit ein Honorar von 224 956,00 Mark und eine Sonderprämie von 9 522 Mark erhalten habe. Wider besseres Wissen berichteten die Medien andauernd und hartnäckig von 652 738,91 Mark an „Entlohnung". Noch einmal zum Mitdenken. Im Schäfer-Bericht heißt es wörtlich: „Diese Zahlungen erfolgten nach dem Bericht des BND vom 8. 3. 2006 für die Auslandstätigkeit des Journalist V."
- Eine besonders infame Behauptung fand sich in den FOCUS-Ausgaben Nr. 42 und 43/06. Angeblich hätte ich „im Auftrag des BND mehrere Journalisten bespitzelt". Eine absolut freie Erfindung der FOCUS-Autoren. An keiner Stelle des Schäfer-Berichts steht, dass ich im Auftrag des BND Journalisten bespitzet habe. Eine Falschmeldung, gegen die es kein Rechtsmittel gibt. Siehe Abschnitt „Recht und Unrecht".
Unter normalen Umständen und im Umgang mit Sprachbegabten wäre damit hinreichend bewiesen, dass ich mit der Bespitzelung von Journalisten nichts zu tun hatte. Bei den deutschen Medien (im Gegensatz zu den ausländischen) kam alles anders an.
In der Regel sträubten sich die Autoren auch, folgende Sätze aus dem Schäfer-Bericht zu übernehmen:
- „In einem Aktenvermerk .... Vom 5. Juli 1999 wird festgestellt, dass Journalist V diejenige NDV („Nachrichtendienstliche Verbindung", A. d. A.) sei, die wohl die umfassendste Kenntnis über den BND und dessen Mitarbeiter erlangt habe."
- „Die Auslandstätigkeit Journalist Vs muss für den BND sehr erfolgreich gewesen sein. Zahl und Bewertung seiner Nachrichten sind ebenso bemerkenswert wie die Höhe seiner Vergütung."
- „Zahlreiche Einsatzreisen führten Journalist V vor allem in den Nahen Osten. Diese Reisen dienten der Kontaktierung geeignet erscheinender Gesprächspartner und der Beschaffung von Informationen aus dem Bereich des internationalen Terrorismus."
- Der Schäfer-Bericht zitiert aus einem Memo des BND vom 17. März 2006. Darin wird mir ein „beachtlicher Bestand an hochrangigen Gesprächspartnern" im Bereich des internationalen Terrorismus bescheinigt. In der Summe sei ich stets „ein Juwel im Quellenbestand der jeweils zuständigen Führungsstelle" gewesen.
- Der „Schäfer-Bericht" versäumt es, darauf hinzuweisen, dass ein wesentlicher Teil der Aktenvermerke des Volker Foertsch im Jahr 2006 nachträglich entstanden sind. Wie Schäfer mir im persönlichen Gespräch unter sechs Augen – vier Tage vor dem Erscheinen seines Berichts – erklärte, habe Foertsch sie aus Notizen rekonstruiert. Was ist aus dem fantasievollen Gebräu eines verbitterten Mannes zu halten, der dem Generalbundesanwalt über seinen früheren Arbeitgeber BND schriftlich mitteilen ließ, er könne meine „weitere berufliche Zukunft ... gegebenenfalls stark beeinträchtigen bzw. vernichten"? Soviel zum Umgang mit Nachrichtendienstlichen Verbindungen, wenn sie nicht mehr gebraucht werden.
Ich habe mich gegen die Rufmord-Kampagne des Jahres 2006 mit gezielten Interviews, Strafanzeigen und Klagen gegen unwahre Medienberichte gewandt. Die Ergebnisse waren in der Regel ernüchternd, weil auch der deutschen Justiz nicht zu vermitteln war, dass eine reguläre Tätigkeit für eine deutsche Bundesbehörde in der Regel nichts mit der illegalen Bespitzelung von Journalisten zu tun hat. Das erkannten letztlich nur die ausländischen Medien.
Gescheitert sind auch meine beiden Strafanzeigen gegen den Bundesnachrichtendienst.
Am 18. August 2006 richtete ich folgende(n) Strafanzeige/Strafantrag an den Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof:
„....gegen die Verantwortlichen des Bundesnachrichtendienstes, namentlich seinen derzeitigen Präsidenten Ernst Uhrlau und dessen Vorgänger August Hanning, heute Staatssekretär im Bundesinnenministerium, und alle weiteren Beteiligten an strafbaren Handlungen."
„Ich war im Zeitraum 1982 bis 1993 hauptamtlich für den Bundesnachrichtendienst tätig. In diesen Jahren habe – unter dem Decknamen 'Dali´ - nachrichtendienstliche Verbindungen (NDV) im Nahen und Mittleren Osten sowie Süd- und Zentralasien angeworben und geführt. Mehrere dieser Quellen befinden sich noch heute in Schlüsselpositionen ihrer Länder, unter anderem als Minister. Andere arbeiten für Geheimdienste oder für islamistische/terroristische Organisationen.
In diesem Zusammenhang ging es um die traditionellen Arbeitsbereiche des Referats 16A – Politik, Wirtschaft, Rüstung -, aber auch um Aufklärung von Terrorismus, Proliferation, Nachrichtendienste und Drogenhandel. Ich habe sehr unabhängig gearbeitet, war aber bei Bedarf immer wieder in einem Team eingebettet. Dafür können Zeugen benannt werden. Nach dem Ende unserer Bemühungen um die deutschen Geiseln im Libanon habe ich den BND verlassen. In den ersten Wochen des Jahres 1993 nahm der damalige UAL 16 die Sicherheitsbelehrung vor, was ich durch Unterschrift bestätigte. Ich habe seither über die seinerzeitige Tätigkeit ausnahmslos geschwiegen.
Im November 2005 wurde die aktuelle BND-Affäre um die Bespitzelung von investigativen Journalisten durch gezielte Berichterstattung in der 'Berliner Zeitung´ und in FOCUS losgetreten. Vorausgegangen waren Indiskretionen durch einen oder mehrere ehemalige Mitarbeiter des BND-Observationskommandos QB30. Von Seiten des Deutschen Bundestages wurde der Sonderermittler Dr. Gerhard Schäfer eingesetzt, den Gesamtzusammenhang zu untersuchen. Er bekam vom Bundesnachrichtendienst eine sehr begrenzte Auswahl von Akten über nachrichtendienstliche Kontakte zu Journalisten. Als Reaktion auf meine Ko-Autorenschaft an den beiden Juretzko-Büchern wurde ich mit anderen Journalisten, die in der Tat im Auftrag des Dienstes Kollegen ausgeforscht hatten, unzulässigerweise in Zusammenhang gebracht. Pikant: Ich geriet dabei auf dieselbe Handlungsebene wie Uwe Müller, den das Referat 80B des BND jahrelang auf mich angesetzt hatte.
Gleichzeitig kam es zu gezielten Informationen aus dem BND über meine Tätigkeit und die dafür erfolgten finanziellen Abrechnungen. Sogar meine dienstinterne, geheime V-Nummer wurde dabei verraten. FOCUS-Chefredakteur Uli Baur berichtete in einer Redaktionskonferenz von entsprechenden Erkenntnissen. Er sagte, der damalige Präsident August Hanning habe ihn persönlich über mich aufgeklärt. Das fand schließlich auch Niederschlag in der Berichterstattung der Zeitschrift und wurde von ihr in einen laufenden, zivilen Rechtsstreit eingeführt, durch Herausgeber Helmut Markwort emsig in zahlreichen anderen Medien verbreitet. Dabei verfolgten FOCUS und andere die eindeutige Absicht, meinen journalistischen Ruf irreparabel zu schädigen. Vordergründig und absolut unrichtig wurde dargestellt, ich hätte ab 1993 im Auftrag des BND andere Journalisten ausgeforscht. Um dies zu berichtigen und auf die erheblichen Sicherheitsrisiken dieser Abläufe hinzuweisen, bat ich mehrfach schriftlich um ein Gespräch mit dem aktuellen BND-Präsidenten Ernst Uhrlau, was dieser ablehnte, Auch eine Berichtigung von Seiten des BND, dass ich seinerzeit nicht auf Journalisten angesetzt war, sondern in den genannten anderen Bereichen gearbeitet habe, wurde vom BND verweigert.
Der Bundesnachrichtendienst hat durch seine Indiskretion gegenüber dem Sonderermittler Schäfer als auch gegenüber der Medienöffentlichkeit meine Existenz als aktuell (und in den Krisengebieten der islamischen Welt) arbeitender Journalist mutwillig zerstört. Er setzt mich zudem einer erheblichen Gefährdung aus und bewirkt, dass ich künftig nicht mehr an meine traditionellen Wirkungsstätten reisen kann, ohne an Leib und Leben bedroht zu sein. Der Bundesnachrichtendienst gefährdet darüber hinaus in unerträglicher Weise sämtliche früheren Quellen, die mit mir in Zusammenhang gebracht werden können. Nach meinen Informationen haben Nachrichtendienste des Nahen Ostens bereits damit begonnen, Daten meiner Reisen und Kontakte abzugleichen, um die Informanten in ihren Ländern herauszufinden. Ich war gezwungen, mehrere von ihnen nachdrücklich zu warnen.
Gerade hier ist ein nachhaltiger Schaden für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland entstanden. Ich bitte die Bundesanwaltschaft, diesen Sachverhalt besonders eingehend zu prüfen.
Der BND hat die existierende Gefahrengemeinschaft willkürlich und ohne Not zerstört und dabei in eklatanter Weise gegen seine Garantenpflicht verstoßen. Gerade Menschen, die sich im Auftrag des Auslandsnachrichtendienstes und zum Wohle der Bundesrepublik Deutschland in deutlich erhöhte Gefahr begeben, müssen verlässlich geschützt werden. So war es bisher und so ist es eine eherne Grundregel aller Geheimdienste. In einigen Staaten wurde dies per Gesetz festgelegt. Ein Verstoß gilt als schweres Verbrechen, zum Beispiel in den Vereinigten Staaten. Der Fall der – aus politischen Motiven – von Mitarbeitern des Weißen Hauses vorsätzlich enttarnten CIA-Mitarbeiterin Valerie Plame hat dies in den vergangenen Monaten besonders klar gezeigt.
Ich verweise in diesem Zusammenhang auf ein Präzedenzurteil des 3. Strafsenats des BGH vom 8. November 1965. Es richtete sich gegen einen hauptamtlichen Mitarbeiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz, der gegenüber einem Rechtsanwalt aus Hannover und mehreren Journalisten eine Anzahl seiner Kollegen enttarnt hatte. Das hatte zu einschlägigen Veröffentlichungen in mehreren Zeitschriften geführt. Der Angeklagte P. hatte seinerzeit Namen, Dienststellung (nach Abteilung, Gruppe und Referat mit Buchstaben und Nummer) sowie NS-Belastung von sechs BfV-Beamten offen gelegt. Nach Einschätzung des Senats hat der Angeklagte in der irrigen Annahme des Rechts auf 'freie Meinungsäußerung´ Staatsgeheimnisse preisgegeben und damit gegnerischen Nachrichtendiensten Vorteile verschafft.
Staatsgeheimnisse, so stellte der BGH fest, müssen nicht zwingend aus Akten bestehen. Es kann sich auch um konkrete Personen aus dem Sicherheitsbereich handeln. Der Angeklagte P. offenbarte Amtsgeheimnisse im Sinne des § 353b StGB gegenüber Unbefugten und handelte dabei als Beamter im Sinne desselben Paragraphen (BGH St. 2 396, 398). Er verstieß damit in besonders ernster Weise gegen öffentliche Interessen, unter anderem bei der alltäglichen Zusammenarbeit mit den Abwehrdiensten der westlichen Alliierten. Der Senat verurteilte ihn deshalb wegen eines Vergehens des vorsätzlichen Geheimnisbruchs mit vorsätzlicher Gefährdung öffentlicher Interessen (§ 353b Abs. 1 Halbs. StGB).
Auch im vorliegenden Fall, bezüglich der Herren Hanning und Uhrlau sowie möglicher anderer Mittäter an dieser kriminellen Handlung, ist der Tatbestand des Geheimnisverrats erfüllt. Mit dem Anwerben von hauptamtlichen Mitarbeitern wie nachrichtendienstlichen Verbindungen oder auch einfachen Quellen übernimmt der Bundesnachrichtendienst ihnen gegenüber eine Garantenpflicht. Die Garantenpflicht schützt den Agenten besonders nachdrücklich auch vor der Aufdeckung durch seinen eigenen Auftraggeber. Die Aufdeckung des Agenten durch seinen Auftraggeber, hier also durch den Bundesnachrichtendienst, stellt eine eklatante Verletzung dieser Garantenpflicht und damit einen Geheimnisbruch dar, da der Enttarnte mutwillig einer Gefahr für Leib und Leben ausgesetzt und darüber hinaus sein berufliches und soziales Umfeld in extremer Weise beeinträchtigt wird. Für diese konkrete Gefährdung gibt es auch keine Rechtfertigung."
Eine zweite Strafanzeige richtete sich gegen das Duo Hanning/Uhrlau und ihre Mitarbeiter aus dem Referat 80B: Rengsdorf, Ober und Lensen. Ich sah die „Verabredung zu einem Verbrechen, versuchte Körperverletzung und sonstige in Frage kommende Delikte" als gegeben an. Basis der Anzeige waren die Aussagen des BND-Mitarbeiters Uwe Müller zum Vorhaben des Observationskommandos QB 30, mir das Buchmanuskript von „Bedingt dienstbereit" am 23. Juni 2004 in der Berliner Friedrichstraße gewaltsam abzunehmen.
Die Staatsanwaltschaft Berlin antwortete bereits am 6. September 2006 auf die zweite Anzeige. Mangels „zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte" sehe man keine Möglichkeit, in strafrechtliche Ermittlungen einzutreten. Eine Gewalttat möglicherweise zu diskutieren, sei noch keine Verabredung zu einem Verbrechen. Auch eine Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft Berlin wurde am 16. Oktober 2006 abschlägig beschieden.
Am 25. August 2006 stellte der Generalbundesanwalt fest, dass die Anzeige gegen Hanning und Uhrlau wegen Geheimnisverrats nicht in die Zuständigkeit der Karlsruher Behörde fallen würde. Das sei keine einschlägige Staatsschutzsache. Deshalb habe man die Anzeige an das Landgericht München II weitergeleitet.
Am 6. Oktober 2006 stellte die Staatsanwaltschaft München I das Verfahren ein. Begründung: „Ein Anfangsverdacht im Hinblick auf eine verfolgbare Straftat liegt nicht vor."
Meine Beschwerde gegen diese Entscheidung führte dazu, dass die Ermittlungen gegen Hanning und Uhrlau am 15. November 2006 wieder aufgenommen wurden (Az. 115 AR 4157/06). Die Münchner Kriminalpolizei bat FOCUS-Chefredakteur Uli Baur zur Vernehmung ins Präsidium. Das kam ihm ungelegen, und deshalb sagte er den Termin mit Hinweis auf sein Zeugnisverweigerungsrecht ab. Am 27. Februar 2007 stellte die Staatsanwaltschaft München I erneut ein: „Ein Anfangsverdacht im Hinblick auf eine Straftat, begangen durch Ernst Uhrlau und August Hanning, liegt nicht vor." Eine weitere Beschwerde, vorgetragen durch eine Münchner Anwaltskanzlei, wurde am 25. Juni 2007 von der Generalstaatsanwaltschaft abgewiesen.
Die Grenzen des Rechtsstaats sind deutlich geworden.
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